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Anhörung zum Gesetz zur Änderung des Hessischen Gesetzes über die Gleichberechtigung von Frauen und Männern und zum Abbau von Diskriminierungen von Frauen in der öffentlichen Verwaltung (Hessisches Gleichberechtigungsgesetz – HGlG)

Stellungnahme der Landesarbeitsgemeinschaft Hessischer Frauen- und Gleichstellungsbüros (LAG)

In der vergangenen Woche erreichte die LAG die Nachricht, dass das Kabinett der Hessischen Landesregierung am 19. September 2022 dem Entwurf des Änderungsgesetzes des Hessischen Gleichberechtigungsgesetzes zugestimmt und den Hessischen Minister für Soziales und Integration beauftragt hat, die Regierungsanhörung durchzuführen.

Der Gelegenheit zur Stellungnahme möchten wir hiermit nachkommen.

Im Folgenden legen wir deshalb dar, wie wir den Prozess im Vorfeld der Novellierung wahrnehmen, inwiefern wir den vom Kabinett verabschiedeten Entwurf des Hessischen Gleichberechtigungsgesetzes als eine politische und mit der EU Richtlinie 2019/1158 nicht konforme Absage an das Thema Gleichberechtigung lesen und mit welchen Mindestforderungen wir dieser Absage begegnen möchten.

Als LAG der Frauen- und Gleichstellungsbüros stehen wir in einem aktiven Austausch mit allen hessischen Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten und setzen uns in einem stetigen Prozess mit der Weiterentwicklung der Bestimmungen des HGlG und deren Umsetzbarkeit in der Praxis auseinander.

Im März 2020 gaben der Hessische Landkreistag sowie der Hessische Städtetag eine Anfrage zu den Themenfeldern Telearbeit, Homeoffice und Veränderungsbedarfe bezüglich des Hessischen Gleichberechtigungsgesetzes (HGlG) in die Verwaltungen.

Am 22. April 2020 sendeten die damaligen LAG Sprecherinnen Hessischer Frauen- und Gleichstellungsbüros ihre Stellungnahme zu den Themenfeldern Telearbeit, Homeoffice und einer ausführlichen Stellungnahme zur Evaluierung des Hessischen Gleichberechtigungsgesetzes — Rundschreiben-262-2020 - an die Stabsstelle Frauenpolitik im Hessischen Ministerium für Soziales und Integration (HSMI),

an den Hessischen Landkreistag sowie an den Hessischen Städtetag.

Die Stellungnahme zur Evaluierung des Hessischen Gleichberechtigungsgesetzes enthielt für alle 26 Paragraphen des aktuellen HGlG als Gesetzestext ausformulierte Änderungsbedarfe.

Innerhalb der LAG setzte nach dieser Stellungnahme eine Arbeitsgruppe die Vorbereitungen für die Novellierung des HGlG fort. In einem aufwendigen Beteiligungsprozess wurden die detaillierten Bedarfe aller hessischen Kolleginnen im Verwaltungsbereich erhoben.

Mit juristischer Begleitung von Dr. Torsten von Roetteken und der Anwältin Friederike Boll wurde ein Gesetzesentwurf entwickelt, der die jahrzehntelangen Praxis-Erfahrungen der LAG Mitglieder und die Änderungsbedarfe aus der Stellungnahme von 2020 berücksichtigt. Das HGlG erhält mit dem Entwurf der LAG eine grundlegend neue Struktur, die es ermöglicht, die Gleichstellung flächendeckend im öffentlichen Dienst umzusetzen.

Der Gesetzesentwurf der LAG wurde mit großer Sorgfalt und Genauigkeit technisch vollumfänglich ausgearbeitet und ist somit direkt umsetzbar.

Zwei Tage vor dem ersten Gespräch der LAG mit den Frauenpolitischen Sprecherinnen der Landtagsparteien, in dem der Entwurf der LAG zum HGlG vorgestellt werden sollte, erreichte uns die Nachricht, dass es bereits einen vom Kabinett beschlossenen Gesetzesentwurf zum HGlG gibt.

Wir bedauern, dass dieser Gesetzesentwurf nicht auf die 2020 vom Hessischen Städtetag und Hessischen Landkreistag erhobenen Bedarfe zur Evaluierung des Hessischen Gleichberechtigungsgesetzes eingeht und notwendige strukturelle Veränderungen fehlen.

Die von der Landesregierung eingebrachte Gesetzesänderung dient nicht der strukturellen Weiterentwicklung des Hessischen Gleichberechtigungsgesetzes und einer flächendeckenden Umsetzung der Gleichberechtigung in der Praxis vor Ort.

Ein weiteres Problem ist darüber hinaus, dass der Entwurf der Landesregierung die Umsetzung der EU- Richtlinie (EU) 2019/1158 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2019 komplett außer Acht lässt. Umgesetzt werden sollte diese Richtlinie bis August 2022. Der Entwurf der LAG orientiert sich an den Bestimmungen der EU-Richtlinie 2019/1158, die für eine zeitgemäße und fundierte Gleichstellungsarbeit unabdingbar sind. In der Richtlinie werden weitreichende Regelungen zu Elternurlaub, Urlaub für pflegende Angehörige, Arbeitsfreistellung aufgrund höherer Gewalt, flexible Arbeitsregelungen und Diskriminierungsschutz formuliert.

Gerne möchten wir Sie über die Kernforderungen, die dem Gesetzesentwurf der LAG zum HGlG zugrunde liegen, informieren und fügen eine entsprechende Zusammenstellung als Anlage bei.

Abschließend möchten wir Ihnen unsere Gesprächsbereitschaft signalisieren, verbunden mit der Hoffnung, unsere Expertise noch im Rahmen der aktuellen Novellierung des HGlG einbringen zu können.

 

Mit freundlichen Grüßen

Die Sprecherinnen der LAG